Krimis lesen, Mädchen gießen: Ungewöhnliche Osterbräuche
Manche Osterbräuche – beispielsweise die klassische deutsche Eiersuche – sind Ihnen sicherlich geläufig; aber haben Sie schon einmal von Osterkrimis gehört? Von zu Ostern explodierenden Wagen? Oder gar vom ungarischen Brauch des Mädchen-Begießens? Wir weihen Sie ein in verrückte Osterbräuche.
Bald ist es wieder so weit: Ostern, das für gläubige Christen neben Weihnachten das wichtigste christliche Fest, steht wieder vor der Tür. Neben den religiösen Traditionen wird das Osterfest von vielen Volksbräuchen begleitet.
Ostern in Deutschland
Deutschland hat eine umfangreiche Ostertradition. Beginnen wir mit dem einfachsten und vielleicht weltweit bekanntesten Brauch: der Eiersuche.
Die Eiersuche ist hierzulande in Stadt und Land wohl der Klassiker unter den Osterbräuchen. Üblicherweise findet sie am Ostersonntag statt, meistens draußen, notfalls auch im Wohnzimmer oder bei Oma auf dem Balkon: Die Kinder suchen nach Eiern (gekocht und bunt gefärbt oder aus Schokolade) oder frühlingshaften Formen wie kleinen Schokoladen-Hohlkärpern in Hühnchen- oder Hasenform, die an verschiedenen mehr oder weniger schwer zu findenden Orten versteckt sind. Das eine oder andere kleine Spielzeug-Geschenk ist in den meisten Familien auch dabei. Und wer hat all das gebracht? Der Osterhase, jedenfalls sind davon viele kleine Kinder überzeugt.
Die Eier und Geschenke liegen manchmal versteckt im frischen österlichen Frühlingsgras, unter Büschen oder an Bäumen. Oft jedoch werden sie auch in hübsche Osternester oder kleine Osterkörbchen gelegt, die die Kinder dann einsammeln können. In einigen Regionen Deutschlands ist es auch üblich, dass die Kinder in den Tagen vor Ostersonntag, insbesondere am Karfreitag, selbst in Wald und Heide Moos und Blumen sammeln und daraus Nester für ihre Oster-Überraschungen bauen. Gefüllt sind die Nester dann aber aber erst am Ostersonntag. Wer keinen eigenen Garten hat, versteckt die Nester beim Osterspaziergang im Park – und notfalls hoppelt der Osterhase für die lieben Kleinen auch weihnachtsmanngleich in den frühen Morgenstunden durch die Wohnung und versteckt seine bunten Eier hinter Sofas und in Hausschuhen.
Traditionelle Ostergerichte: Lamm, Hefezopf, Ostereier
Neben der Eierjagd gehört in Deutschland der Ostereierstrauch zu den Klassikern, die in den meisten deutschen Haushalten zu finden sind. Ob daußen im Garten oder drinnen einer hohen Vase auf dem Tisch: Der Osterstrauch besteht in der Regel aus frischen Zweigen wie Weidenkätzchen Birke oder Forsythie, an welche bunte ausgeblasene Eier gehängt werden, die dem Haus eine fröhliche, österliche Atmosphäre verleihen.
Am Ostersonntag trifft man sich in Deutschland traditionell zu einem familiären Festessen – entweder zu einem gemütlichen Frühstück oder auch zu einem großen Festmahl. Ein traditionelles Ostergericht ist Lamm (wie bei den Italienern), aber viele Familien backen auch stattdessen ein Lämmchen aus einem süßen Rührteig, welches dann dekorativ auf einem hübschen Teller auf Ostergras angerichtet und mit Puderzucker bestäubt gemeinsam verzehrt wird. Ein weiteres beliebtes Gericht besonders zum Osterfrühstück ist der süße Hefezopf, der in vielen deutschen Familien zu Hause gebacken wird. Alternativ gibt es auch den Osterkranz, ein rundes Gebäck aus süßem Hefeteig, das ebenfalls mit Butter und Marmelade gegessen wird.
Auf gar keinen Fall beim Ostermahl fehlen dürfen natürlich die bunten Ostereier – entweder von den Kleinen schon im Garten zusammengesucht oder ansonsten einfach dekorativ für die Festtafel gefärbt und angerichtet. Da viele Deutsche zum Frühstück lieber ein weichgekochtes Ei essen als ein hartgekochtes, gibt es inzwischen sogar spezielle Eierfarben, die das Färben in sehr kurzer Zeit ermöglichen. So lassen sich der beliebte „Osterlook“ und die individuell bevorzugte Eier-Konsistenz perfekt verbinden.
Ungarn: Kühle Ostergüsse und rote Ostereier
Sie mag uns aus heutiger Sicht ein wenig „aus der Zeit gefallen“ erscheinen, aber In Ungarn wird sie mancherorts tatsächlich noch praktiziert (wenngleich oft mit einem Schmunzeln): Die alte Tradition, dass Männer am Ostermontag die Frauen und Mädchen mit Parfüm oder Wasser begießen und ihnen dann Gedichte vortragen. Die Mädchen und Frauen bedankten sich ursprünglich dafür mit einem verzierten oder rot gefärbten Ei (rot ist das Blut Christi), aber heutzutage sind auch Schokoladeneier üblich und verbreitet.
Die ungarische Tradition der Eier und des Begießens reicht weit zurück; das Begießen wurde (und wird vielerorts noch immer) nicht mit Parfüm, sondern mit einem Eimer Wasser gemacht. Der Brauch wurde vor allem von jüngeren Bauernsöhnen praktiziert, die ihre unverheirateten Töchter mit einem Eimer Wasser begossen oder sie in einem Bach badeten.
In den ländlichen Gebieten findet sich der Brauch bis heute noch in dieser ursprünglichen Form: Die Frauen sind in die schönsten traditionellen Volksträchte gekleidet und werden mit kaltem Wasser begossen, damit sie nicht „verwelken“, sondern schön blühen. Das Wasser hat dabei natürlich eine symbolische Bedeutung der Klärung, der seelischen Reinigung; der Vorgang des Gießens symbolisiert zudem auch einen uralten Fruchtbarkeitszauber.
Norwegen: Krimis lesen und Rätselstunden mit der Familie
In Norwegen markiert Ostern wie in den meisten eher nördlich gelegenen Gebieten Europas auch die Ankunft des Frühlings, das Erwachen der Natur, die Ankunft des wärmeren Wetters. Gerade angesichts des endenden Winters ist es in dem Land nahe am Polarkreis jedoch üblich, die Ostertage und die damit verbundene freue Zeit noch ein letztes Mal zu nutzen, um den Winter aus vollen Stücken zu genießen: Viele Norweger fahren über Ostern noch einmal in die Berge zum Skifahren, oftmals in eigene kleine Skihütten in Familienbesitz. Das Osterfest wird so zu einer letzten kleinen Auszeit in gemütlicher familiärer Runde.
Entsprechend gemütlich sind auch die Aktivitäten, welche rund um das Osterfest praktiziert werden. Besonders bekannt: Das regelrecht rituelle Anschauen/Lesen von Krimis, genannt „påskekrimmen„, Osterkrimilesen. Wer könnte es den Norwegern verdenken: Zu einem Ostersonntag in einer Skihütte am Kamin mit Blick auf eine verschneite Winterlandschaft passt ein spannender Krimi ja wirklich wunderbar. Wenn es geselliger sein darf, vertreiben sich die Norweger*innen auch gern mit Quizspielen die Osterzeit. In Norwegen ist man so versessen darauf, dass zu Ostern spezielle Quizsendungen im Fernsehen laufen, die gern in großer Runde mit Familie und Freunden geschaut werden. Mitraten ausdrücklich erwünscht!
Italien: Wagen anzünden
Italien ist nicht nur für gutes Essen, für bezaubernde Städte mit pittoresken Gässchen und malerischen Kirchen oder für das besondere Temperament seiner Menschen berühmt, sondern auch für bunte, schillernde Feste, wie zum Beispiel den Karneval in Venedig oder für die große Osterprozession in Rom. In dem stark katholisch geprägten Land ist Ostern (Pasqua) schließlich der wichtigste Feiertag nach Weihnachten und das landesweit zelebrierte Fest ist mit vielen Traditionen verbunden, wobei viele kleine Orte ganz eigene Bräuche entwickelt haben.
Am bekanntesten und weltweit viel beachtet sind natürlich die Oster-Rituale in Rom beziehungsweise im Vatikan. Am Karfreitag zelebriert der Papst, das Oberhaupt der katholischen Kirche, den Kreuzweg in der Nähe des Kolosseums. Die Stadt gleicht dann einem Ameisennest, in der Regel ist sie bis auf das letzte Bett ausgebucht. Denn für viele Christen ist es ein ergreifendes und erhebendes Erlebnis, diesem besonderen Ereignis beizuwohnen: das riesige, mit Fackeln geschmückte Kreuz zu sehen, welches den Himmel erleuchtet, und dann gemeinsam in verschiedenen Sprachen zu singen und zu beten. Die Ostermesse wird in jeder Kirche Italiens gefeiert, aber die Messe im Petersdom in Rom ist die wichtigste; sie wird bis heute im klassischen Fernsehen vieler Länder übertragen und natürlich inzwischen auch via Internet in die Welt gestreamt.
Neben der weltbekannten Osterfeier in Rom finden im ganzen Land viele weitere Zeremonien und Rituale rund um das Osterfest statt. Ein besonders skurriles, weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekanntes Beispiel ist der Scoppio del Carro, der Wagensturz in Florenz. In der weltbekannten toskanischen Stadt wird zu Ostern ein riesiger geschmückter Wagen, der mit Feuerwerkskörpern beladen ist, von weißen Ochsen durch die Stadt zum Dom im historischen Zentrum von Florenz gezogen, wo die Ostermesse gefeiert wird. Nach der Messe zündet der Erzbischof oder ein ihn vertretender Priester dann einen Docht an, der an einer taubenförmigen Rakete befestigt ist und dann quasi in einer Kettenreaktion das große Feuerwerk zündet. Die Besucher erwartet also eine sehr spektakuläre Show im Herzen der Stadt.
Erwähnenswert sind im katholischen Italien neben den oster-Festivitäten natürlich auch die Osterköstlichkeiten: Nach der langen Fastenzeit, die bis heute in Italien durchaus für die Bevölkerung auch noch einen nennenswerten Stellenwert hat, darf schließlich an Ostern nicht nur gefeiert, sondern auch besonders reichhaltig gegessen werden. Meistens wird Lamm oder Ziege als Fleischgericht serviert, aber viele Menschen essen zum traditionellen Ostermahl auch Artischocken und spezielle teils aufwändig zubereitete Brote, die von Region zu Region variieren. Neben den Hauptgerichten ist die süße Colomba, ein zuckriges Hefegebäck in Taubenform, ein unverzichtbarer Bestandteil der Mahlzeit und wird oft an die Gäste verschenkt.
Erwähnenswert ist auch der Ostermontag (la Pasquetta), der im ganzen Land mit Konzerten und Tanzfesten gefeiert wird.
Israel: Via Dolorosa
In Israel ist Ostern ein Zusammentreffen zweier großer monotheistischer Religionen, des Christentums und des Judentums, wobei die Juden das Pessachfest und die Christen das Osterfest feiern.
Für viele praktizierende Christen ist es ein besonderer Wunsch, einmal die Osterwoche in Israel und in der heiligen Stadt Jerusalem zu verbringen, da sie dort denselben Weg gehen können, den Jesus selbst nach Golgatha gegangen ist. Die Heilige Woche beginnt am Palmsonntag, wenn pilgernde Christen unter Begleitung christlicher Hymnen auf den Ölberg steigen, um den Einzug Jesu in Jerusalem nachzuvollziehen.
Traditionell gehen die Menschen am Karfreitag in Jerusalem die Via Dolorosa (den Schmerzensweg) in Form eines Kreuzweges, um ihre Trauer und ihr Mitgefühl für das Leiden Jesu zum Ausdruck zu bringen. Einige der Teilnehmenden tragen Kreuze zum Gedenken an den Tod Jesu. Am nächsten Tag, dem Karsamstag, versammeln sich die Gläubigen in der Grabeskirche in der Altstadt von Jerusalem. Um Mitternacht beginnt die Zeremonie der Heiligen Flamme, bei der der griechisch-orthodoxe Patriarch und sein Gefolge unter Glockengeläut das Heilige Grab betreten. Am Sonntag können die Gläubigen zu dem Grab pilgern, in dem Jesus begraben worden sein soll.