Was genau feiert man an Ostern?
Für Christen ist Ostern das wichtigste Fest. Aber was feiert man da eigentlich? Warum liegt Ostern manchmal im März, dann wieder im April? Und wie wurden der Hase, das Lamm und die bunten Eier zu Ostersymbolen?
Ostern ist eines der größten Feste der christlichen Religion: Die Gläubigen gedenken der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi. Das Fest dauert mehr als eine Woche und beginnt am Palmsonntag: Das ist der Sonntag vor Ostern, an dem Jesus in Jerusalem einzog. Am Karfreitag wurde Jesus dann zum Tode verurteilt und gekreuzigt und ist der Bibel zufolge am Ostersonntag wieder auferstanden. Die in der Bibel beschriebene Abfolge von Ereignissen fiel mit einem der größten jüdischen Feste, dem Pessachfest, zusammen: Das letzte Abendmahl Jesu war an einem Sederabend – dem ersten Abend des Pessachfests.
Wie wird das Datum von Ostern bestimmt?
Kurz gesagt: Es ist kompliziert – schon immer gewesen. Fest steht: Ostern ist nicht an eine bestimmte Kalenderwoche gebunden, sondern das genaue Datum verschiebt sich jährlich, und das bereits seit circa 1700 Jahren. Und das kam so:
Während des Konzils von Nizäa im Jahr 325 wurde von den versammelten Bischöfen der Synode zunächst beschlossen, dass Ostern stets am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche gefeiert werden sollte. Klingt kompliziert, wa rund blieb es auch, denn: Leider wurde damals keine Methode festgelegt, um dies genauer zu bestimmen. Hieraus ergaben sich andauernd Abweichungen in der Auffassung, wann genau nun Ostern zu feiern sei – so berechnete damals der Patriarch von Alexandria ein anderes Datum für Ostern als der Teil der Kirche, der dem römischen Papst untersteht.
Ziemlich genau 200 Jahre später entwickelte der Mönch Dionysius Exiguus eine Methode, die seither die Grundlage für die Berechnung des Osterdatums der römisch-katholischen Kirche ist. Exiguus gilt damit auch als Begründer der christlichen Zeitrechnung. Dennoch blieben im Gesamtverbreitungsraum des Christentums Abweichungen in den Daten bestehen. Im Juni 2015 kündigte Papst Franziskus an, dass die römisch-katholische Kirche bereit sei, die Zählung von Ostern zu ändern, damit das katholische Osterfest mit dem Osterfest anderer christlicher Gemeinschaften übereinstimmt.
Christliche Datums-Berechnungen hin oder her, die meisten im Gebiet der Geschichtsforschung Tätigen sind sich jedenfalls einig, dass die eigentlichen Ursprünge des Osterfestes viel älter sind. Es wird nämlich inzwischen angenommen, dass die Ostertradition auf einem sumerischen Mythos beruht: der Geschichte des Hirtengottes Tammuz und seiner Frau, der Fruchtbarkeitsgöttin Istar, festgehalten auf Tontafeln aus der Zeit um 2100 vor Christus.
Die Göttin Istar, so erzählt es die Geschichte, trauerte nach dem Tod von Tammuz so sehr um diesen, dass sie in die Unterwelt ging und ihn befreite. Daraufhin wurde sie aber ihrer göttlichen Kräfte und Kleider beraubt und aufgespießt. Doch da die Erde ohne sie unfruchtbar war, half ihr ein anderer Gott, Enki: Er schickte zwei Boten, die sie wieder auferstehen ließen. Sie konnte jedoch nur aus der Unterwelt zurückkehren, wenn jemand da blieb. Da Tammuz sie in der Zwischenzeit betrogen hatte, schickte Istar ihn an ihrer Stelle. Von da an verbrachten dem Mythos zufolge Tammuz und Istar abwechselnd jeweils ein halbes Jahr in der Unterwelt.
Auferstehung, Fruchtbarkeit, Licht, Frühling
Die Gottheit, die Istar entspricht, taucht auch in mehreren anderen Mythologien auf: Astarte bei den Kanaanitern, Aphrodite und Venus bei den Griechen und Römern. Es mag ein Zufall gewesen sein (oder auch nicht), dass die Christen im 4. Jahrhundert auf der Suche nach dem Grab Jesu einen Ort wählten, an dem der Tempel der Aphrodite stand. An der Stelle des Tempels wurde die Grabeskirche in Jerusalem errichtet, die noch heute dort steht.
Ähnliche sterbende und auferstehende Götter gab es natürlich auch in anderen Religionen, die auch das Christentum beeinflussten. Dazu gehörten Mithras und der ägyptische Horus. Allen diesen Mythen ist gemeinsam, dass die Auferstehung mit Fruchtbarkeit, mit Licht, mit Frühling verbunden ist.
Ein europäischer Feiertag könnte auch ein Einfluss auf die Entwicklung der modernen Version von Ostern haben: Eostre / Ostara, das Fest der angelsächsischen Frühlingsgöttin. Schon die Ähnlichkeit des Wortes mit dem englischen „Easter“ oder dem deutschen „Ostern“ ist unschwer zu erkennen. Das Fest wurde zur Frühlings-Tagundnachtgleiche gefeiert und war nach Jacob Grimms „Deutscher Mythologie“ auch ein Fruchtbarkeitsfest.
Die Symbole von Ostern
Eines der ältesten Ostersymbole ist das Lamm. Dies steht im Zusammenhang mit der Bibel: Die letzte der zehn Plagen, die Ägypten der biblischen Geschichte nach wegen der Gefangenschaft der Juden heimsuchten, war der Tod der Erstgeborenen. Die jüdischen Familien opferten daher ein Lamm und markierten ihre Türen mit dem Blut des Opfertiers. Das Opferlamm wurde später durch Jesus ersetzt, der nach dem Neuen Testament die Menschheit durch seinen Tod erlöst hat: Er wurde zum „Lamm Gottes“.
Die Ursprünge des Osterhasen sind komplizierter: wahrscheinlich hat es mit der sprichwörtlichen Fruchtbarkeit der Hasen bzw. richtigerweise eigentlich von Kaninchen zu tun – die kurzen Fortpflanzungszyklen der Tiere sind bekannt. Das Kaninchen erschien auf dem oben erwähnten Fest der Eostre: Es war ein Symbol der Göttin und wurde oft mit ihr abgebildet. Der Osterhase wurde erstmals in einem Buch des deutschen Wissenschaftlers Georg Franck von Franckenau aus dem Jahr 1722 erwähnt, in dem er schrieb, dass Kaninchen die bunten Eier verstecken, die die Kinder finden müssen.
Das Ei selbst ist jedoch ein viel älteres Fruchtbarkeitssymbol, das schon von den alten Ägyptern und Persern als solches angesehen wurde. Für die alten Ägypter war die Frühlings-Tagundnachtgleiche der erste Tag des Jahres und wurde unter anderem mit dem Schmücken, Verschenken und Essen von Eiern gefeiert.
In der Bibel werden Eier kaum erwähnt, aber nach einer orthodoxen christlichen Legende brachte Maria Magdalena gekochte Eier zum Grab Jesu, die sich rot färbten, als sie bemerkte, dass Jesus nicht da war. Eine andere Version besagt, dass als dem Kaiser Tiberius gesagt wurde, dass Jesus auferstanden war, antwortete er der Legende nach: Er sei genau so auferstanden, wie diese Eier rot sind – und daraufhin hätten sich die Eier rot gefärbt.