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Radioaktiv belastete Wildpilze – Die ewigen Schatten von Tschernobyl

37 Jahre nach der verheerenden Reaktorkatastrophe von Tschernobyl warnt das Bundesamt für Strahlenschutz vor dem Verzehr von Wildpilzen aus bestimmten Regionen Deutschlands. Aber wie können Pilze auch nach so langer Zeit noch radioaktiv belastet sein, und was bedeutet das für die Pilzsammler und Konsumenten in Deutschland?

Am 26. April 1986 kam es im Kernkraftwerk Tschernobyl, das sich in der Nähe der Stadt Prypjat in der Ukraine (damals Teil der Sowjetunion) befindet, zu einer massiven Explosion im Reaktor 4. Der Unfall wurde durch eine Kombination aus menschlichem Versagen und Konstruktionsmängeln am Reaktor verursacht.

Die Explosion setzte große Mengen radioaktiver Partikel in die Atmosphäre frei, die sich über weite Teile Europas verbreiteten. Neben den unmittelbaren Opfern der Explosion waren die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen für Millionen von Menschen in der Ukraine, Belarus und Russland sowie in weiter entfernten Teilen Europas, – einschließlich Deutschland-, erheblich.

Tschernobyl

Gefahrengebiete in Deutschland

Auch fast vier Jahrzehnte nach der Tschernobyl-Katastrophe können Wildpilze in Deutschland radioaktives Cäsium-137 aufweisen. Der jährliche Pilzbericht des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) zeigt, dass besonders einige Regionen in Bayern und Oberschwaben betroffen sind, wobei Überschreitungen des Grenzwerts von 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse in diesen Gebieten häufiger auftreten.

Die Gebiete mit der höchsten Belastung sind der Bayerische Wald, das Donaumoos südwestlich von Ingolstadt, die Alpen und angrenzende Regionen. Hier müssen Pilzsammler*innen mit hohen Cäsium-137-Werten in einigen Pilzarten rechnen, da sich nach dem Reaktorunfall 1986 in diesen Gebieten am meisten radioaktives Cäsium abgelagert hatte.

Jedoch sind nicht alle Pilzarten in diesen Gebieten gleich betroffen. Einige Arten wie der Semmelstoppelpilz zeigen extrem hohe Werte, während viele andere Arten, selbst an den stärksten kontaminierten Standorten, Werte weit unter dem Grenzwert aufweisen und als sicher zum Verzehr gelten.

BfS-Präsidentin Dr. Inge Paulini betont, dass im Handel erhältliche Pilze den Grenzwert einhalten müssen, während selbst gesammelte Pilze nicht unbedingt geschützt sind. Sie rät Pilzsammlern zur Vorsicht und empfiehlt, sich vor dem Verzehr zu informieren, insbesondere in den betroffenen Gebieten.

Warum ausgerechnet Pilze?

Pilze haben die besondere Fähigkeit, Schwermetalle und Radioisotope aus dem Boden aufzunehmen. Das macht sie zu wichtigen Bioindikatoren für Umweltkontamination. Wildpilze, die in Regionen wachsen, die nach der Tschernobyl-Katastrophe mit Cäsium-137 belastet wurden, können dieses Radioisotop noch Jahrzehnte nach dem Ereignis anreichern.

In der Nahrungskette können diese Radioisotope dann von Tieren aufgenommen und schließlich auch von Menschen konsumiert werden. Diese Anreicherung ist ein gutes Beispiel dafür, wie lange sich die Auswirkungen von Umweltkatastrophen in der Natur halten können.

Was bedeutet das für Verbraucher?

Obwohl die Strahlungswerte in den meisten Pilzen als gering eingestuft werden und das Risiko für Verbraucher minimal ist, rät das BfS zur Vorsicht. Es ist wichtig zu beachten, dass das Risiko nicht nur von der Menge an Cäsium-137 in einem einzelnen Pilz abhängt, sondern auch von der Gesamtmenge der verzehrten Pilze.

Wildpilze sammeln

Es gibt jedoch auch positive Nachrichten. Die meisten in Deutschland verkauften Pilze, einschließlich solcher in Supermärkten, werden unter kontrollierten Bedingungen gezüchtet und sind daher nicht mit Radioaktivität belastet. Wer sicher gehen möchte, sollte beim Kauf von Pilzen auf die Herkunftsbezeichnung achten. Verbraucher sollten immer darauf bedacht sein, gut informiert zu sein und sich für sichere Lebensmittelquellen zu entscheiden.

Zukunftsperspektiven und Maßnahmen

Obwohl es 37 Jahre her ist, dass die Katastrophe von Tschernobyl stattfand, zeigen die neuesten Warnungen des BfS, dass die Auswirkungen des Unfalls noch lange spürbar sein werden. Es wird erwartet, dass Cäsium-137 noch viele Jahrzehnte im Boden bleiben wird, wobei sich die Konzentration mit der Zeit verringern wird.

Das BfS plant, die Überwachung von Wildpilzen in den betroffenen Regionen fortzusetzen und die Öffentlichkeit regelmäßig über die neuesten Erkenntnisse zu informieren. Es ist auch wichtig, dass Pilzsammler sich über die Risiken im Klaren sind und sich informieren, bevor sie Pilze in potenziell betroffenen Gebieten sammeln. Ein stetiges Monitoring und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung geschützt bleibt.